„Neurodiversity is the diversity of human minds,
the infinite variation in neurocognitive functioning within our species.“
Neurodiversität
„Aber Mängel und Unvollkommenheit entstehen nur durch den Vergleich,
wenn man etwas anderes als Maßstab setzt (…)
jede Form von Anderssein, wird nur zur Abweichung, wenn sie versucht sich anzupassen.
Jenseits aller Zusammenhänge ist sie in sich vollkommen.“
Clara Törnwall in Die Autistinnen S.228
Alle Menschen sind anders. Jeder Mensch ist einzigartig.
„Neurodiversität ist die Diversität der menschlichen Psyche(n), die unendliche Variation neurokognitiver Funktionsweisen in unserer Art/Gattung.“ (Nick Walker, deutsche Übersetzung Klenke, F.)
Ende der 90er Jahre benutzte Judy Singer erstmals den Begriff Neurodiversität im Kontext ihrer Abschlussarbeit.
Der Journalist Harvey Blume (1998) bezeichnete Neurodiversität explizit als Teil der Biodiversität und trug ebenso zur zunehmenden Bekanntheit der Bezeichnung bei.
Wir leben in Zeiten, in denen alle Menschen zunehmende Schwierigkeiten haben, die immer komplexere und widersprüchlichere Welt zu lesen. Den meisten Menschen gelingt es aber, eine Art Weltbeziehung durch Erfahren und Erkennen sozialer, materieller und weltlicher Strukturen herzustellen (Rosa, 2016).
Eine Andersartigkeit im menschlichen Denken, Erleben und Verhalten die deutlich von dem abweicht, was wir als Normativitäten begreifen, behandeln wir in unserer Gesellschaft in der Regel als etwas abweichend Krankhaftes oder betrachten es allgemeinhin als Defizit.
Neurodiversität meint auf neurologischer Ebene die Vielfalt an Wahrnehmungen und der Verarbeitung von Reizen und die daraus resultierende Interaktion mit der Welt (Judy Singer, 2017). Neurodivergenzen bilden spezifisch immer dann eine Abweichung von etwas Neurotypischem, wenn wir ein neuronormatives Ideal als Bewertungsmaßstab zu Grunde legen (Kassiane Asasumasu).
Neurodivergente Menschen erfüllen im Medizinischen Modell in aller Regel die Kriterien für psychiatrische Diagnosen oder anders gelabelte Phänomen wie beispielsweise:
- Autismus-Spektrumsstörung (ASS)
- Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS)
- Dyskalkulie
- Dyslexie
- Legasthenie
- Synästhesie
- Hochsensibilität (sensitive processing sensitivity)
- Hochbegabung
- Tourette Syndrom & Tics
- Epilepsie
Von Twice exceptional (2e) sprechen wir, wenn zwei (oder mehr) Diagnosen gemeinsam auftreten (z.Bsp. Hochbegabung und Lernschwierigkeiten, Hochbegabung und Autismus, Hochbegabung und ADHS usw.). Eine sorgfältige Differentialdiagnostik ist hier besonders entscheidend und gleichsam herausfordernd. Symptombereiche können sich gegenseitig überdecken oder komplex ineinandergreifen. Eventuell haben sich im Laufe des Lebens auch durch hohe kognitive Fähigkeiten effektivere Copingstrategien entwickelt, um unerwünschte Verhaltensweisen zu unterdrücken oder zu umgehen.