„Die Kraft des Geistes ist grenzenlos; man muss nur lernen, sie zu nutzen.“
Hochbegabung
Das Thema Hochbegabung bewegt sich im öffentlich sichtbaren Diskurs nicht selten auf einer hoch emotionalen, teils politischen und definitiv auf einer gesellschaftlichen Ebene. Ein erheblicher Teil von Meinungsbildung über das Thema außergewöhnlich hoher Begabung beruht auf Stereotypen und weitergetragenen Vorurteilen. So gibt es zum einen die Auffassung, dass hochbegabte Menschen vom Leben auf eine privilegierte Seite gestellt wurden, welches sie zu Begünstigten ohne nennenswerte Schwierigkeiten werden lässt (Harmoniehypothese). Andere glauben, dass Hochbegabung in den allermeisten Fällen mit sozialer Inkompetenz, Außenseitertum und einer Vielzahl von weiteren sozio-emotionalen und allgemeinen psychischen Problemen zusammenhängt (Disharmoniehypothese). Da die Realität sich ja selten in Extremen bewegt, befinden wir uns vermutlich bei den allermeisten Personen mit einer überdurchschnittlich hohen (intellektuellen) Befähigung irgendwo zwischen diesen beiden Polen aus Übervorteilung und Benachteiligung.
Auch ein wissenschaftlicher Konsens lässt sich im Allgemeinen nicht eindeutig ausmachen. So gibt es zwar deutliche Befunde darüber, dass hochbegabte Studienteilnehmer.innen kein höheres Risiko für bestimmte Probleme mitbringen (z.B. Rost, 2009). Vertreter.innen aus dem therapeutischen Bereich und der Beratungspraxis kommen naturgemäß mit belasteten Menschen in Kontakt und erleben daher eine Zielgruppe, die vor bestimmten Herausforderungen und Problemen steht. Ob diese Schwierigkeiten letztlich mit Hochbegabung oder einem weitaus komplexeren Bedingungsgefüge aus (weiteren) Persönlichkeitsmerkmalen, biografischen Erfahrungen und herausfordernden Umgebungsfaktoren zu tun haben, lässt sich nur nach ausgiebiger Anamnese und mittels eines individuellen Beratungskonzeptes erfassen.
Wenn wir verstehen wollen, womit wir es bei Hochbegabung zu tun haben, sehen wir uns mit sehr viele beschreibende Formulierungen und weniger klaren Definitionen konfrontiert. Fakt ist aber, dass Begabung zunächst eine gewisse Voraussetzung für eine Leistung meint. Es handelt sich dabei um ein Potenzial, also um eine Möglichkeit, die ausgeschöpft werden kann. Erst wenn sich dieses auch in tatsächlicher Leistung zeigt, sprechen wir von der sichtbaren Performance. Ob ein Mensch also hochbegabt ist oder nicht, lässt sich nicht (ausschließlich) aufgrund erkennbarer Leistungsmerkmale ausmachen.
Um die eigenen Potenziale zu entfalten, muss man zunächst einmal wissen, wo eigene Begabungs- und Talentbereiche liegen. Das macht deutlich, dass hochbegabte Potenzialentfaltung auch immer mit vielschichtigen Aspekten der Persönlichkeitsentwicklung verzahnt ist, denn nur wenn ich weiss wer ich bin und was ich kann (wahres Selbst), kann ich mir ein Umfeld erschaffen, indem meine Bedürfnisse und Begabungsschwerpunkte optimal gelebt und ausgedrückt werden können.
Eindimensionale Hochbegabungsdefinitionen nähern sie dem Konzept Hochbegabung über den allgemeinen Intelligenzbegriff.
Nach Wechsler (1961) ist
„Intelligenz die zusammengesetzte Fähigkeit des Individuums, zweckvoll zu handeln,
vernünftig zu denken und sich mit seiner Umgebung wirkungsvoll auseinanderzusetzen.“
Intellektuelle Fähigkeiten werden hier mittels standardisierter Messverfahren abbildbar und liefern Grenzwerte (Cut-off), die eine kategoriale Einordnung ermöglichen. Hochbegabt ist demnach der- oder diejenige, welche.r im Intelligenztest einen Wert von >130 IQ Punkten (Intelligenzquotient) überschreitet. Als höchstbegabt gilt man ab einem IQ Wert von > 145 Punkten.
Mehrdimensionale Hochbegabungsdefinitionen schreiben den Bereichen Kreativität und Motivation neben den rein intellektuellen Kompetenzen eine wesentliche Bedeutung zu. So ergibt sich Hochbegabung aus einer Schnittmenge von mehreren wechselseitig verbundenen Faktoren (z.Bsp. Mönks, 1990).